Es sind gute Zeiten für die Ökumene. Theologiestudierende aus ganz Deutschland trafen sich zu einer ersten gemeinsamen ökumenischen Tagung in München. Am Rande des Treffens wurde auch darüber gesprochen, dass zukünftig mehr katholische und orthodoxe Kommilitoninnen auf theologiestudierende.de schreiben sollen. Diese Aussicht hat uns in der Redaktion sehr gefreut. Wer Interesse hat, melde sich gerne bei uns!
Im Interview mit Joachim Ochel, dem Theologischen Referenten beim Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der EU, das ebenfalls auf der Ökumenischen Tagung enstanden ist, habe ich gelesen, dass die Vertretungen der röm.-kath. Kirche und der EKD in Berlin schon jetzt eng zusammenarbeiten: „Es gibt keine Stellungnahme, die wir nicht versuchen, gemeinsam zu erstellen. Wir erleben das als eine ungeheure Bereicherung und eine tief vertrauensvolle Zusammenarbeit.“
Und am letzten Wochenende zappte ich gerade rechtzeitig in den Abschlussgottesdienst des Katholikentages in Leipzig hinein, um zu hören, dass dort den evangelischen Freunden für ihre Gastfreundschaft in der Bachstadt extra gedankt wurde. Freunde? Keine Geschwister? Aber immerhin ist die Freundschaft als offizielle Sprachregelung schon einmal nicht schlecht. Im Reallife fällt die Begrüßung der Ex ja häufig frostiger aus.
Die Ökumene ist unser Schicksal. Kirchenfernen Menschen sind die entscheidenden Unterschiede zwischen den Konfessionen ohnehin kaum bekannt oder gar zu erklären. Und kirchennahen Christen gerät die gelebte Ökumene vor Ort ohnehin seit Jahrzehnten herzlicher und geschwisterlicher, als es den Kirchenleitungen beider Volkskirchen zuweilen recht ist.
In den Vereinigten Staaten wurde jüngst ein junger Katholik zum Besuch von Gottesdiensten in einer Baptistengemeinde verurteilt. Er war unter Alkoholeinfluß einer Gruppe Baptisten erst mit Worten und dann körperlich zu nahe getreten, als sie es unternahmen, anlässlich eines Eishockeyspiels in Cincinnaty auf den korrekten Lebenswandel der Christen hinzuweisen. „Ich habe sie gefragt: ‚Warum denkt ihr, dass ihr andere Menschen verdammen könnt?‘ Ich habe nicht verstanden, warum sie dachten, dass sie mich verurteilen dürfen.“, beichtete der Angeklagte dem Cincinnati Enquirer.
Der zuständige Richter hätte den Angeklagten zu 90 Tagen Gefängnis verurteilen können, zeigte sich aber für kreative Strafvorschläge offen. Der Angeklagte selbst schlug daraufhin vor, Gottesdienste der Baptisten zu besuchen. Dem Enquirer sagte er: „Ich werde mit beiden Ohren zuhören und meinen Mund halten. Ich denke, das ist ein gutes Beispiel für gegenseitiges Zuhören, anstatt wütend zu werden und voreilige Schlüsse zu ziehen.“
Der junge Katholik wird nun an 12 aufeinanderfolgenden, 90-minütigen Gottesdiensten in einer ortsansässigen Baptistengemeinde teilnehmen und sich den Besuch vom Pastor quittieren lassen. Derlei Bonusheftspäßchen treiben wir hierzulande ja nur mit Konfirmanden.
Jenseits der Bestürzung über das irre Justizsystem in den Vereinigten Staaten – 90 Tage Knast für einmal betrunken Wüten! – hält diese wahre Begebenheit aber eine nachdenklich stimmende Frage für uns bereit:
Wie leer wären die Gefängnisse und wie voll die Gotteshäuser der Welt, wenn der Gottesdienstbesuch nicht nur – wie bisher – als Präventivmaßnahme, sondern generell als Strafmaßnahme verstanden würde?